Boston
Marathon 2013 |
Bombenanschlag fordert 3 Tote!
Sport: Mockenhaupt wird 10. - weiße Fluchtversuche scheiternAutor, Copyright : Herbert Steffny (15.4.2013)
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Sabrina Mockenhaupt wurde in Boston bei ihrem ersten US-Marathon Zehnte.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)
Die Kenianerin Rita Jeptoo gewann nach 2006 zum zweiten Mal in Boston.
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)Anmerkung: Die 117. Auflage des amerikanischen Marathonklassikers am montäglichen Patriots Day, an der über 26.000 Starter teilnahmen, darunter 250 Deutsche, wurde zwei Stunden nach Einlauf der Elite von einem Bombenattentat überschattet. Die Deutschen meines Reiseveranstalters InterAir sind jedenfalls wohlauf. Den nachfolgenden Artikel hatte ich vorher bereits formuliert. In Kenntnis des Dramas hätte ich den Fokus vielleicht weniger akribisch auf den Sport gelegt. Dennoch soll hier in erster Linie zunächst auch der sportliche Teil geschildert werden:
Im Vorjahr war es heiß, 2011 starker Rückenwind und diesmal leichter Gegenwind bei allerdings optimalen Temperaturen von ca. 9 bis 15 Grad Celsius. Der Gegenwind von 5 km/h ließ allerdings taktische Rennen erwarten. Die Deutsche Sabrina Mockenhaupt hatte sich speziell auf ihren ersten großen Auslandsstart im Marathonlauf vorbereitet und hoffte auf eine Zeit im Bereich ihrer persönlichen Bestleistung. Der wellige, aber insgesamt unzulässig zuviel bergab führende Punkt zu-Punkt-Kurs (136 Meter, statt maximal 42 Meter) erfordert wie ich aus eigener Anschauung weiß eine gute Renneinteilung. Wer über die berühmten Newton Hills und den Heartbreak Hill nach 25 Kilometern gut rüber kommen will, tut gut daran im welligen Gellände auf Asphalt bergab und bergan trainiert zu haben und sich zu Beginn im Rennen zurückzuhalten.
Frauenrennen: zwei Fluchtversuche
Das Frauenrennen begann allerdings langsam. Die eher unbekannte Kolumbianerin Yolanda Caballero setzt sich mit ihrem kraftraubendem Stil schon früh von der Afrika-dominierten Favoritinnengruppe ab. Nach der Hälfte des Rennens (1:14:02 Stunden) betrug ihr Vorsprung schon rund 30 Sekunden. Mockenhaupt lief zu dieser Zeit in der Verfolgergruppe zeitweilig sogar an der Spitze (Halbmarathon 1:14:33 Stunden). Die Portugiesin Ana Dulce Felix (Bestzeit 2:25:40 Stunden) machte sich schließlich alleine auf die Verfolgungsjagd. Die Kräfte der Führenden schwanden, so dass die Verfolgerin bald aufschließen konnte. Nach eineinhalb Stunden war Felix an der Ausreisserin und übernahm sofort die Führung, um dann ihrerseits alleine ihre Flucht nach vorne zu starten. Innerhalb von zwei Kilometern konnte sie ihren Vorsprung auf 23 Sekunden vergrößern. Ihr Tempo zielte zu diesem Zeitpunkt auf etwa 2:27 Stunden als Endzeit. Die Portugiesin blickte sich allerdings immer wieder ängstlich um und hatte bei 30 Kilometern noch 35 Sekunden Vorsprung. Der Wettkampf wurde nun richtig spannend, denn die 10.000 Meter Spezialistin erlief auf die Verfolgergruppe 10 Kilometer vor dem Ziel bis zu 1:18 Minuten. Felix kämpfte noch immer kraftvoll den Heartbreak Hill hinauf. War das schon der Sieg oder ließ man sie nur gewähren? In der Verfolgergruppe, die die Kolumbianerin längst aufgesaugt hatte, rannte auch die US-amerikanischen Hoffnung Shalane Flanagan.
Flucht gescheitert und packendes Finale
Immer wieder umdrehend hielt Felix den Vorsprung auf 1:15 Minuten. Sabrina Mockenhaupt war aus der nun siebenköpfigen Spitze zurückgefallen, als die Frauen endlich die Jagd auf die Führende eröffneten. Der Vorsprung schmolz nun bei 36 Kilometer auf 58 Sekunden runter. Die Kenianerin Rita Jeptoo und die Äthiopierin Meseret Hailu führten die Fünfergruppe näher und näher, darin auch noch Flanagan. Jeptoo, die 2006 bereits Boston gewann, war klar die Lokomotive, Hailu folgte im Windschatten und einige Schritte dahinter lief die Kenianerin Sharon Cherop im Schlepptau. Felix, die sehr unkonzentriert unterwegs auch kaumt die Ideallinie lief, drehte sich einmal mehr um, was die Verfolgerinnen nur noch heißer machte. Nach 38 Kilometern war es um sie geschehen, der D-Zug passierte die Portugiesin. Das Finale war eröffnet. Rita Jeptoo führte weiter vor Hailu und Cherop. Flanagan fiel leicht zurück. Die Kilometer wurden nun in flotten 3:20 Minuten zurückgelegt. Sharon Cherop konnte als Erste den Anschluss nicht mehr halten. Und noch vor 40 Kilometern musste auch Hailu abreissen lassen.Küsschen, Küsschen - Rita Jeptoo mit starkem Finale zum zweiten Mal Siegerin in Boston
Rita Jeptoo mit verdientem Sieg
Die 32-jährige Rita Jeptoo zertrümmerte die Konkurrenz regelrecht durch einen selbstbewussten Steigerungslauf auf ein Tempo von bis zu 3:08 Minuten pro Kilometer. Den letzten 2,195 Kilometer Abschnitt stürmte sie in rasanten 6:51 Minuten, der zweitschnellsten Leistung aller Zeiten! Zwei Kilometer vor dem Ziel waren es schon 30, im Ziel rund 180 Meter Vorsprung! Sieben Jahre nach ihrem Sieg hier in Boston konnte sie einem letztlich doch noch souveränen Sieg in 2:26:25 Stunden entgegen stürmen. "Letztes Jahr war ich nicht gut trainiert, aber dieses Jahr hatte ich mich sehr gut in Kenia vorbereiten können. Ich fühlte mich immer sehr stark" so die Siegerin hinterher im Interview. Dahinter war der Kampf um die Plätze noch nicht entschieden. Um Platz zwei gab es noch einen harten Sprint zwischen Hailu und Sherop, den Hailu für sich entscheiden konnte. Flanagan blieb nur noch der undankbare vierte Platz, dennoch winkte Sie vor dem Ziel ins heimische Publikum. Die zweite Top-US-Amerikanerin Kara Goucher kam hinter der Äthiopierin Tirfi Tsegaye als Sechste ein. Felix wurde letztlich noch Neunte, knapp vor Sabrina Mockenhaupt, die als Zehnte mit ihrem Platz vielleicht, aber mit der Zeit nicht ganz zufrieden sein dürfte. Die Kolumbianerin Yolanda Caballero zahlte für ihren frühen Fluchtversuch mit einem Einbruch auf der zweiten Hälfte (1:21:08 nach 1:14:02 Stunden) und landete auf Platz 14 in 2:35:10 Stunden). In den Altersklassen rannte die Olympiasiegerin von 1984 Joan Benoit-Samuelson mit 2:50:29 Stunden eine neuen Altersklassen Weltrekord, der allerdings wegen der nicht bestenlistenfähigen Bostoner Strecke nicht offiziell geführt werden kann. Den W55 Weltrekord hält die Amerikanerin Rae Baymiller seit 1998 mit 2:52:14 Stunden.Für die richtige Marathon-Vorbereitung:
Das große Laufbuch
von Herbert Steffny
(u.a. 1996 Mastersieger beim 100. Boston Jubiläumslauf in 2:19:35 mit 42 Jahren)Das umfassende Standardwerk und Bestseller mit bewährten Marathontrainingsplänen. Taktik, Ernährung, Know How und natürlich auch vielen Reisetipps, wie Laufen bei Hitze, Jetlag etc.... aktualisierte und erweiterte Auflage 2011, 408 Seiten, Südwestverlag
Der Dubai Marathonsieger Lelisa Desisa gewann auch in Boston und kassierte 200.000 Dollar.Der lange Äthiopier Gebre Gebremariam konterte die Attacken, wurde letztlich aber nur Dritter.(Foto, Copyright: Herbert Steffny)Männerrennen - weiße Läufer mischen vorne mit
Bei der eine halben Stunde später gestarteten Männerelite bildete sich nach 15 Kilometern eine neunköpfige Spitzengruppe, in der zeitweilig nur noch Afrikaner waren. Darunter der Titelverteidiger Wesley Korir, der mittlerweile in Kenia auch in die Politik gegangen ist. Bei Halbmarathon hatte die Spitze moderate 1:04:44 Stunden. Darunter nun auch wieder die Weißen Robin Watson aus Kanada, ein 2:13 Läufer (Rotterdam 2012) und der relativ große US-Amerikaner Jason Hartmann. Watson lief die nächsten Kilometer an der Spitze, immer einige Meter vor den Afrikanern und löste sich sogar nach 24 Kilometern um rund 20 Meter, der Vorsprung des Flüchtenden wuchs einen Kilometer später auf rund 40 Meter. Allerdings lief Watson ebenfalls sehr unkonzentriert und nicht die Tangenten. Während Hartmann hinten wieder rausfiel, kam die Afrika-Gruppe wieder an den kecken Ausreisser heran. 10 Läufer waren bei 26 Kilometern noch zusammen als man in die Newton Hills lief. Doch das Tempo verschleppte wieder, so dass Hartmann erneut Anschluss fand.
Zu fünft über den Heartbreak Hill
Nach 29 Kilometern kam Bewegung ins Feld. Der Kenianer Dickson Chumba, ein 2:05:Stunden Läufer und Rom Sieger 2011, beschleunigte und schon flog das Feld auseinander. Der Äthiopier Lelisa Desisa konnte aufschließen und bald formierte sich eine neue Fünfergruppe mit Chumba, Desisa, Gebre Gebremariam und dem Debütant Micah Kogo aus Kenia, die gemeinsam den Heartbreak überlief. Wesley Korir fand bei 36 Kilometern wieder Anschluss und machte kaum dabei sogar vorne Dampf. Doch der wie eine Bohnenstange aufrecht laufende Gebre Gebremariam konterte sogleich und Korir fiel wieder zurück. Desisa und Kogo konnten ihm dagegen noch folgen. Desisa versuchte es nun seinerseits und Kogo klebte an seiner Schulter. Bei 39 Kilometern traute sich der Debütant den routinierten Äthiopiern Stärke zu zeigen. Gebre wirkte immer noch sehr konzentriert. Sollte es zu einem Spurt des Trios kommen?
Ein Trio spurtet um den Sieg
Kogo wäre auf der Papierform, als viertschnellster 10.000 Meter Läufer aller Zeiten und als 10.000 Meter Olympiadritter von 2008 der stärkste Spurter. Bei 40,5 Kilometern belauerte sich das Trio. Es kam wie erwartet zum langen Spurt. Doch wer kann nach 41,5 Kilometern noch am besten sprinten? Desisa versuchte es als erster. Doch die beiden anderen konnten erneut konterten. Eingangs der Boylston Street, der langen Zielgeraden war es aber um Kogo und Gebremariam geschehen. Im finalen Spurt konnte sich Desisa, der mit 2:04:48 Stunden (Dubai 2013) schnellste Marathonläufer im Feld, entscheidend absetzen. Der leicht zurück gefallene Kogo konnte Gebremariam wieder einholen und in 2:10:27 Stunden mit einer Sekunde Vorsprung Zweiter werden. Der 23-jährige Desissa siegte dagegen in 2:10:22 Stunden. "Alles war gut, das Wetter, die Leute und der Kurs" sagte ein glücklicher Sieger nach dem Rennen, er konnte ja nicht wissen, dass zwei Stunden später das Bombendrama alles überschatten würde. Erstaunlich die Leistung von Jason Hartmann, der in 2:12:12 Stunden wie im Vorjahr auf den vierten Platz vorlaufen konnte. Titelverteidiger Korir wurde Fünfter. Der frühe Flüchtling Robin Watson landete auf dem 11. Platz in 2:15:33 Stunden. Der bei Seattle wohnende frühere Hanau-Rodenbacher Uli Steidl belegte als bester deutscher Mann in 2:22:05 Stunden den dritten Platz in der Masters-Wertung der über 40-Jährigen.Drama - Bombenexplosionen mit zwei Toten
Gegen 14.50 Ortszeit als noch Tausende von Läufern unterwegs waren, gab es im Zielbereich zwei Explosionen. Die Uhr am Ziel stand auf 4:09 Stunden, zu diesem Zeitpunkt kommen besonders viele Läufer ein. Der/die Täter können das als Szenenkenner beabsichtigt haben. Laut Polizeiangaben kamen mindestens drei Menschen ums Leben. Über 140 weitere Personen sollen laut CNN verletzt worden sein, darunter auch acht Kinder. Ein Toter ist ein 8-jähriger Junge. Ob auch Deutsche darunter sind, war bis in die Nacht unklar. Die Deutschen meines Reiseveranstalters InterAir sind jedenfalls wohlauf. Auf Fernsehbildern war zu sehen, dass eine Bombe unter einer Tribüne am Ziel detonierte. Dabei soll es sich um einen Schrapnell-Sprengsatz gehandelt haben, der durch Eisenkugeln aus Kugellagern etc. möglichst viele Verletzungen durch umherfliegende Metallteile erreichen soll. Die meisten Verletzten haben Beinverletzungen, ein Hinweis auf eine Bombe in Bodennähe. Es wurden zwei weitere Sprengsätze an einem anderen Ort gefunden und entschärft. In einer Bibliothek gab es eine weitere Explosion. 500.000 Menschen sollen das Traditionsrennen am Feiertag an der Strecke besuchen. Die zahlreichen Zuschauer im Zielbereich flohen in Panik, Läufer wurden durch die Detonation zu Boden gerissen. Zum Glück waren die bei einem Marathon ohnehin anwesenden medizinischen Hilfskräfte sofort zur Stelle. Die Behörden sperrten den Zielbereich weitläufig und erließen ein Flugverbot über der Stadt. Der Marathon wurde abgebrochen.
Recht harmlos war im Vergleich das "Schubser-Attentat" eines Wirrkopfs bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 auf den zu diesem Zeitpunkt führenden Brasilianer Vanderlei de Lima, der sich danach noch auf den Bronze Rang retten konnte. Dass die nie komplett zu sichernden Marathon- oder Cityläufe Ziel von Anschlägen werden könnten, war schon immer zu befürchten. Beim New York Marathon durften seit 2001 nur noch durchsichtige Plastikbeutel bei der Kleiderabgabe deponiert werden. Auf die Marathonmesse konnte man zur Startnummernabholung wie bei vielen anderen Veranstaltungen in den USA nicht mehr mit Tasche oder Rucksack. Kaum auszudenken, was für Konsequenzen diese neue Art von Bombenattentat auf "Softtargets" wie Lauf- und Sportveranstaltungen in Zukunft haben könnte. In Boston und Umgebung wurden alle großen Sportevents abgesagt. Aber nicht nur Terroristen, sondern auch übergroße Ängstlichkeit und übertriebene und lästige Sicherheitsmaßnahmen könnten die bisher friedlichen Massenveranstaltungen v.a. in den USA gefährden. Ich bin selbst zweimal erfolgreich am Copley Square eingelaufen und habe die unvergleichbare und fachkundige Stimmung unterwegs und am Ziel in der Boylston Street genossen. Man muss das einfach erlebt haben. Es ist unfassbar traurig, zukünftig haften an dieser Kultstätte des Marathonlaufs leider die Erinnerungen an Bilder des Schreckens.
Frauen Pl Name Nat Zeit 1. Rita Jeptoo KEN 2:26:25 2. Meseret Hailu ETH 2:26:58 3. Sharon Cherop KEN 2:27:01 4. Shalane Flanagan USA 2:27:08 5. Tirfi Tsegaye ETH 2:28:09 6. Kara Goucher USA 2:28:11 7. Madai Perez MEX 2:28:59 8. Diane Nukuri-Johnson BDI 2:29:54 9. Ana Dulce Felix POR 2:30:05 10. Sabrina Mockenhaupt GER 2:30:09
Männer Pl Name Nat Zeit 1. Lelisa Desisa ETH 2:10:22 2. Micah Kogo KEN 2:10:27 3. Gebregziabher Gebremariam ETH 2:10:28 4. Jason Hartmann USA 2:12:12 5. Wesley Korir KEN 2:12:30 6. Markos Geneti ETH 2:12:44 7. Dickson Chumba KEN 2:14:08 8. Jeffrey Hunt AUS 2:14:28 9. Daniel Tapia USA 2:14:30 10. Craig Leon USA 2:14:38