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Die Laufleistungen der WM-Fußballer von Herbert Steffny, 25.8.2014 (gekürzte Fassung erschien im Laufmagazin SPIRIDON 9/2014)
Deutsche laufen nur auf den ersten Blick viel
Es war im Finale in der Verlängerung ein
knappes 1:0 zugunsten Deutschlands gegen Argentinien. Beim Vergleich der
Laufleistungen nach den FIFA Statistiken kommt man zu einem ähnlichen
Ergebnis: Die Deutschen liefen im Vergleich zu den Argentiniern über das ganze
Turnier im Durchschnitt pro Spiel 120,9 zu 117,4 Kilometer. Im Finale hatten
die Deutschen dann offenbar deutlich mehr Reserven. Während die Gauchos nur auf 102,8
Kilometer kamen, rannten Müller und Co. mit 112,1 Kilometern also rund 10 Prozent
mehr. Bemerkenswert: die Deutschen liefen davon das meiste, rund 62,5 Kilometer
mit dem Ball, die Argentinier dagegen überwiegend, nämlich 60,2 Kilometer ohne
Ballbesitz.
Thomas Müller wird von der FIFA mit exakt
83,957 Kilometern als der Spieler mit der größten Laufleistung über das gesamte
Turnier ausgelobt (siehe Tabelle 1). Vier Deutsche Fußballer unter den
Top-Fünf! Hinter Müller folgen Kroos, Lahm und Höwedes. Dazwischen platzierte
sich als Dritter der Argentinier Mascherano. Die der Erfassung zugrunde
liegende Technologie, die die FIFA nutzt, ist ein visuelles Trackingsystem
namens "Matrics" der italienischen Firma Deltatre. 16 Kameras
verfolgen Fußball, Trikots usw., eine Software analysiert die Bewegungen im
Raum. Die Genauigkeit wurde mit 3 Prozent angegeben.
Tabelle 1: Die 10 fleißigsten Feldspieler:
Spieler
|
Nation
|
Spiele
|
Spielzeit
(min)
|
Zurückgelegte Distanz (km)
|
Thomas
MÜLLER
|
GER
|
7
|
682
|
84.0
|
Toni
KROOS
|
GER
|
7
|
690
|
82.6
|
Javier
MASCHERANO
|
ARG
|
7
|
720
|
81.2
|
Philipp
LAHM
|
GER
|
7
|
690
|
81.0
|
Benedikt
HÖWEDES
|
GER
|
7
|
690
|
80.4
|
Arjen
ROBBEN
|
NED
|
7
|
690
|
79.3
|
Pablo
ZABALETA
|
ARG
|
7
|
720
|
79.1
|
Ezequiel
GARAY
|
ARG
|
7
|
720
|
76.1
|
Daley
BLIND
|
NED
|
7
|
670
|
75.7
|
Ron
VLAAR
|
NED
|
7
|
690
|
74.6
|
Deutschland also ein Läuferland? Das sieht
auf den ersten Blick ganz gut aus, die Deutschen sind scheinbar keineswegs
lauffaul. Allerdings muss man bei der Auswertung selbstverständlich die
Einsatzdauer berücksichtigen. Logisch, wer mehr Spiele absolvierte und mehr
Minuten eingesetzt war, konnte auch mehr Kilometer sammeln. Dazu habe ich mir
alle 607 zum Einsatz gekommenen Sportler und ihre läuferischen Fähigkeiten nach
den Statistiken der FIFA mal genauer angeschaut und analysiert. Für jeden Spieler wurde
die durchschnittliche Laufleistung auf eine Spieldauer von 90 Minuten umgerechnet.
Zudem habe ich alle Spieler, deren Einsatz im Turnier unter 90 Minuten lag,
nicht mehr berücksichtigt. Ein kurzer intensiver Einsatz von nur 10 Minuten
kann die Laufleistungen der anderen zeitbezogen natürlich übertreffen und damit
verfälschen. Es ergibt sich aus den 474 verbliebenen Fußballern jetzt eine
andere Reihenfolge (Tabelle 2):
Tabelle 2: Die 10 relativ fleißigsten Feldspieler:
Name
|
Spiele
|
Spielzeit
(min)
|
Gesamt-
Distanz (km)
|
Distanz pro 90min (km)
|
Felipe
GUTIERREZ
|
4
|
165
|
25,2
|
13,75
|
Matt
McKAY
|
2
|
180
|
26,0
|
13,00
|
Rodrigo
PALACIO
|
5
|
160
|
23,1
|
12,99
|
LEE
Keunho
|
3
|
104
|
15,0
|
12,98
|
Nicolas
LODEIRO
|
3
|
143
|
20,4
|
12,84
|
KOKE
|
2
|
134
|
19,0
|
12,76
|
Mario
GÖTZE
|
6
|
258
|
36,3
|
12,66
|
Michael
BRADLEY
|
4
|
390
|
54,7
|
12,62
|
Jose
CUBERO
|
4
|
115
|
16,0
|
12,52
|
Oliver
BOZANIC
|
2
|
111
|
15,4
|
12,49
|
Der mit Abstand fleißigste Läufer ist nun der
23-jährige chilenische Mittelfeldspieler Felipe Gutierrez mit 13,75 Kilometer
pro 90 Minuten. Das ist ein Schnitt von 6:33 min:sec pro Kilometer. Für ambitionierte
Langstreckenläufer ist ein "6:33er Schnitt" keine beängstigende Leistung. Natürlich
sind die vielen Tempowechsel im Spiel anzuerkennen. Von den Deutschen (siehe
Tabelle 3) ist auf Platz sieben als einziger und emsigster Läufer der Goldschütze Mario Götze mit 12,66
Kilometer in den Top-10 vertreten. Auf Platz 53 erst folgt
mit 11,35 Kilometern Sami Khedira, Platz 59 belegt Sebastian Schweinsteiger mit
11,26 Kilometern. Thomas Müller landet bei dieser Betrachtung jetzt nur noch
auf Platz 79 mit 11,09 Kilometern. Toni Kroos liegt auf Platz 121, Philipp Lahm
auf Platz 162. Ist das nun fußlahm oder war es eher die ökonomische
Sparschaltung, wollte man doch bis ins Finale kommen und dann immer noch laufen
können? Deutscher Effizienz-Fußball?
Tabelle 3: Die Laufleistungen der deutschen Feldspieler:
Name
|
Spiele
|
Spielzeit
(min)
|
Gesamt-
Distanz (km)
|
Max. Geschwindigkeit
(km/h)
|
Distanz pro 90min
(km)
|
Mario
GÖTZE
|
6
|
258
|
36,3
|
29,2
|
12,663
|
Sami
KHEDIRA
|
5
|
376
|
47,4
|
29,8
|
11,346
|
Bastian
SCHWEINSTEIGER
|
6
|
505
|
63,2
|
29,2
|
11,263
|
Thomas
MÜLLER
|
7
|
682
|
84,0
|
30,5
|
11,085
|
Toni
KROOS
|
7
|
690
|
82,6
|
29,8
|
10,774
|
Philipp
LAHM
|
7
|
690
|
81,0
|
28,7
|
10,565
|
Andre
SCHÜRRLE
|
6
|
244
|
28,6
|
30,2
|
10,549
|
Benedikt
HÖWEDES
|
7
|
690
|
80,4
|
30,5
|
10,487
|
Mesut
ÖZIL
|
7
|
655
|
73,2
|
32,0
|
10,058
|
Shkodran
MUSTAFI
|
3
|
131
|
14,6
|
32,9
|
10,031
|
Mats
HUMMELS
|
6
|
509
|
55,7
|
32,3
|
9,849
|
Miroslav
KLOSE
|
5
|
280
|
30,6
|
29,0
|
9,836
|
Jerome
BOATENG
|
7
|
646
|
70,2
|
31,1
|
9,780
|
Per
MERTESACKER
|
6
|
435
|
44,6
|
28,1
|
9,228
|
Die
Torhüter - Neuer läuft weniger als es aussieht
Natürlich hängt die Laufleistung auch von der Position des Spielers ab.
Allerdings fällt eine Zuordnung zu Stürmer, Mittelfeldspieler oder Verteidiger
nicht leicht. So wechselte nicht nur Philipp Lahm während des Turniers seine
Aufgabe. Am einfachsten gelingt die Zuordnung natürlich bei den Torhütern, die
verständlicherweise die wenigsten Kilometer zurücklegen. Man sollte glauben,
dass hier der "Offensiv-Verteidiger" Manuel Neuer, bekannt für seine spektakulären Ausflüge, die Hitparade
anführen würde. Weit gefehlt! Der deutsche Stammkeeper kommt nur auf 5,02 km
in 90min (Platz 444) und belegt damit unter den 39 Kollegen gerade mal den
8. Platz in der Torhüter-Laufparade. Am lauffreudigsten war der Australier Maty Ryan mit durchschnittlich 6,17 km
pro 90min (Platz 437) vor dem Portugiesen Beto 5,63 (Platz 438) und seinem
Landsmann Rui Patricio 5,60 (Platz 439). Der größte Bewegungsmuffel unter den Goalies war der
Torhüter der Elfenbeinküste Boubacar Barry, der in drei Spielen
durchschnittlich nur 2,4 km/90min zurücklegte. Mag sein, dass sich Torhüter
gerne an den Pfosten lehnen oder sie wurden einfach weniger gefordert, was man
bei Manuel Neuer wohl annehmen darf.
Ball hin, Ball her - Laufen bleibt auch beim Fußball die Grundbewegung Weltmeister Andre Schürrle greift an. (Foto: www.herbertsteffny.de)
Die
Stürmerstars - Messi, Etoo und Co.
Analysieren wir einige der bekanntesten
Stürmerstars, die offenbar weniger lauffreudig sind. Am faulsten war der
Kameruner Samuel Etoo auf Platz 436 mit schlappen 7,5km/90min. Damit war er der
bewegungsscheuste Feldspieler überhaupt. Auch der Argentinier Lionel Messi zeigt mit gerade mal 8,14 km pro 90min (Platz 432) keine
besonderen Marathonläufer Qualitäten (siehe auch Grafik unten). Ein bisschen mehr legten sich der
Fußball-Pfau Mario Balotelli mit
knapp 9,0 km/90min (Platz 408) und der Franzose Karim Benzema (9,48 km/90min,
Platz 348) ins Zeug. Der
verletzt ausscheidende Brasilianer Neymar
war mit 9,83 km/90min (Platz 297) zwei Plätze hinter Miroslav Klose, aber noch vor
Cristiano Ronaldo (Platz 357). Die niederländischen Stürmer gleichen da schon eher Rennmaschinen: Robin van Persie
kommt auf 10,23 (Platz 222) und der wuselige Arjen Robben sogar auf 10,34 km/90min (Platz 202). Der Franzose Paul Pogba gehört mit 10,47 km/90min
schon zu den etwas fleißigeren Stürmern, ebenso der Schweizer Xherdan Shaqiri (10,65 km/90min, Platz
141) oder Wesley Sneijder (10,71
km/90min Platz 133). Fast so agil wie Thomas
Müller war Wayne Rooney mit 10,99 km/90min (Platz
90). Der Torschützenkönig des gesamten Turniers mit sechs Treffern James Rodriguez des ausgeschiedenen Teams Kolumbien brachte es auf
mittelmäßige 10,4 km/90min (Platz 196). Für einen Stürmer kann
man somit tatsächlich Thomas Müller als einen der lauffreudigeren Athleten
bezeichnen.
Die Schnellsten
- 10,6 sec auf 100m!
Wenn es darauf ankam schnell zu sein, war Manuel
Neuer zur Stelle und war mit einer Spitzengeschwindigkeit von 30,9 km/h der
schnellste Goalie der WM. Zum Vergleich: der langsamste Torhüter war der Koreaner Jung Sungryong, der es in zwei Spielen
und 180 Minuten nur auf maximal 13,4 km/h brachte. Der ruht sich jetzt wohl von
den WM-Strapazen zuhause aus. Die Feldspieler rennen natürlich erwartungsgemäß flotter.
Diese Hitparade führt der 30 Jahre alte Junior
Diaz aus Costa Rica mit 33,8 km/h an. Damit würde der für Mainz 05
verteidigende Abwehrspieler einen 100 Meterlauf in 10,65 Sekunden zurücklegen,
vorausgesetzt, er würde es solange durchhalten! Die nachfolgende Aufstellung (Tabelle
4) zeigt auch, dass nicht wie wiederholt von den TV-Kommentatoren behauptet Jerome Boateng der schnellste deutsche
Fußballer im Team ist, sondern zumindest bei der WM in Brasilien der verletzt
ausscheidende Shkodran Mustafi
(32,9 km/h). Er schaffte es als einziger Deutscher in die Top-10 des Turniers! Mats Hummels ist
zweitschnellster Deutscher mit 32,3 km/h auf Platz 17. Auf Platz 23 folgt Mezut
Özil mit maximal erreichten 32,0 km/h. Besagter Jerome Boateng landet als viertschnellster Deutscher mit 31,1 km/h nur
auf Platz 79 der Sprint-Hitparade.
Tabelle 4: Die 10 schnellsten Feldspieler:
Name
|
Spiele
|
Spielzeit (min)
|
Zurückgelegte Distanz
|
km/90min
|
Max, Geschwindigkeit
|
Junior
DIAZ
|
5
|
510
|
56,2km
|
9,92
|
33,8km/h
|
Serge
AURIER
|
3
|
270
|
28,8km
|
9,60
|
33,5km/h
|
Gonzalo
HIGUAIN
|
7
|
571
|
63,6km
|
10,02
|
33,1km/h
|
Alvaro
PEREIRA
|
3
|
206
|
21,4km
|
9,35
|
33,1km/h
|
Ron
VLAAR
|
7
|
690
|
74,6km
|
10,40
|
33,0km/h
|
Mario
BALOTELLI
|
3
|
209
|
20,8km
|
10,23
|
33,0km/h
|
Fabian
JOHNSON
|
4
|
302
|
34,9km
|
9,74
|
33,0km/h
|
Darijo
SRNA
|
3
|
270
|
30,7km
|
9,73
|
33,0km/h
|
Angel
DI MARIA
|
5
|
423
|
45,8km
|
8,96
|
33,0km/h
|
Shkodran
MUSTAFI
|
3
|
131
|
14,6km
|
10,03
|
32,9km/h
|
Sprinter oder
Ausdauertyp?
Sind die Sprintertypen insgesamt etwas
lauffauler? Dazu habe ich die durchschnittlichen Kilometer-Laufleistungen der Spieler pro
90 Minuten ins Verhältnis zu deren maximal erreichter Laufgeschwindigkeit
gesetzt (siehe Grafik). Natürlich wurden hier nur noch die 436 Feldspieler
ausgewertet, denn die Torhüter laufen - an ihre Bude gebunden - zwangsläufig
weniger. Dazu wurde von denen, die wenigstens 90 Minuten zum Einsatz
kamen, ihre durchschnittliche Laufleistung pro 90 Minuten mit deren
Maximal-Tempo linear korreliert (gestrichelte Linie in der Grafik). Es ergibt
sich - allerdings mit einer großen Streuung - in der Tat grob die Tendenz: je
schneller die Spieler, desto weniger Kilometer legen sie in 90 Minuten zurück.
Als Erklärung könnte dienen, dass sich die Sprinter in der
Muskelfaserzusammensetzung (FT-/ST-Fasern, siehe in "Das große Laufbuch") etwas unterscheiden und von den maximalen
Antritten länger erholen müssen. Natürlich können sie auch tatsächlich
lauffauler sein oder einfach durch ihre Position auf dem Spielfeld weniger hin
und her laufen müssen. Die Deutschen (rote Punkte) befinden sich in der Grafik
eher rechts oben, das bedeutet bei den im Schnitt lauffreudigeren und
schnelleren Spielern. Das Dreieck der roten Punkte wird begrenzt von: Mario Götze legte im Schnitt die meisten Kilometer pro Spiel zurück,Shkodran Mustafi war der schnellste und Per Mertesacker... na ja... der langsamste und faulste Läufer (s.u.) im deutschen Team.
Die bewegungsscheusten Feldspieler
Vergeben wir zum Abschluss noch die roten
Laternen: Auf die erreichte Maximalgeschwindigkeit bezogen war der langsamste Feldspieler der Australier Mark Bresciano, der es als Mittelfeldspieler auf höchstens 22,3
km/h brachte. Immerhin rannte der 34-Jährige durchschnittlich 11,88 km/90min in
drei Spielen und war damit zwar gemächlich unterwegs, aber doch einer der lauffreudigsten Feldspieler. Der Läufer des Turniers war für mich Rodrigo Palacio, Drittschnellster und einer Lauffreudigsten je 90 Minuten. Den Titel des
Bewegungsmuffels des Turniers bekommt von mir allerdings Diego Lugano
aus Uruguay.
Der 33-jährige Abwehrspieler legte in 90 Minuten nur 9 Kilometer zurück
und war
mit 22,7 km/h der Zweitlangsamste überhaupt. Im gehört in der Grafik
entsprechend
der Punkt ganz links, ziemlich unten. Er schaffte auch nur ein Spiel.
Die Schlusslaterne im deutschen Team hing deutlich höher: der langsamste und bewegungsmuffeligste
Deutsche war Per Mertesacker, der es in sechs Spielen auf nur 28,1 km/h brachte
und auch
nur 9,23 km/90min lief. Nun viel und schnell rennen ist nicht alles,
aber
den 1,98 Meter großen Innenverteidiger, der in der Abwehr als „Fels in
der Brandung“
gilt, traf bereits wiederholt der Vorwurf der Langsamkeit und
Behäbigkeit. Hiermit sei es bestätigt.... alles in allem reichte es ja
zum Titel!
|
|
Ballbesitz, aber man muss auch laufen können... (von Herbert Steffny 2.7.2014) Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten und am Ende gewinnt immer... Deutschland?
Puhhhh... diesmal waren es 120 Minuten. Das war kein Spaziergang für
die deutsche Nationalmannschaft. Das Achtelfinalspiel gegen Algerien
wurde zur Zitterpartie. Auf den letzten Drücker und mit einem
überragenden Manuel Neuer in der Verlängerung gerade nochmals gewonnen.
Die Algerier waren bis zum Schlusspfiff nicht nur dribbelstark, sondern brandgefährlich, weil sie wieselflink laufen konnten! Algerien, die Heimat des 1.500 Meter Olympiasiegers 1996 und dreifachen Weltmeisters Nourredine Morceli. Bei
den Deutschen vermisse ich weitgehendst (bisher?) die Fähigkeit zum
Umschalten auf schnelle Kontervorstöße wie es die Nordafrikaner
blitzschnell mit langen Flanken vorzauberten. Der deutsche Fußball, unschön, aber meist schrecklich
effizient. Eher an das Gerangel und Gewurschtel beim Handball
erinnernd. Man arbeitet sich gemächlich an den 16 Meterraum vor, spielt
zwischendurch sicherheitshalber nochmal nach hinten und schiebt den
Ball solange hin und her bis sich vielleicht eine Idee oder eine Lücke
findet. Ziemlich statisch.... Bleibt zu hoffen, dass sich die
Deutschen als "Turniermannschaft" mit dieser Sparschaltung bis in
Finale durchmogeln, um dann dank ihrer (hoffentlich vorhandenen)
Reserven dem überraschten Gegner die Kugel überfallartig ins Netz zu ballern. Man muss nicht nur schnell laufen können, sondern auch möglichst lange.... Ballbesitz ist auch kein Selbstzweck, sondern spart
Kilometer, weil man Pässe schlägt und der Gegner läuft dem Ball
hinterher. Beispiel Schweiz vs. Argentinien: Ballbesitz 39 zu 61%.
Entsprechend rannten die Eidgenossen zusammen 147, die Gauchos nur 135
Kilometer. Fünf
der acht Achtelfinalspiele wurden in der Verlängerung entschieden. Die
entscheidenden Tore fielen zudem oft in den allerletzten Minuten. Die
Schweiz verlor 0:1 gegen Argentinien in der 118. Minute! Die drei Tore
USA vs. Belgien (1:2) fielen alle in der Verlängerung. Brasilien musste
gegen Chile bis ins Elfmeterschießen, ebenso Costa Rica gegen
Griechenland. Es heißt also auch am Ende noch noch rennen zu können, so
wie in einem Marathon. Und wie bekommt man diese Ausdauer? Indem
man genügend Lauftraining im grünen Bereich betreibt,
denn Ausdauerleistungsfähigkeit ist gleichbedeutend mit
verbesserter Ermüdungswiderstandfähigkeit. Lange hatten die Fußballer
keinen Bock zum Training ohne Ball. Wieso sollte man Dauerläufe machen,
wenn man im Spiel nur schnelle Antritte und Sprints
exerziert? Doch bald kapierten es auch die Ledertreter, dass das
Training der Grundlagenausdauer (z.B. verbesserte Durchblutung
der Muskulatur) die Regeneration zwischen den vielen Sprints verkürzt.
Gingen früher die Spieler sozusagen stehend k.o., so ist deren
Kondition, also das Durchhaltevermögen heute deutlich verbessert. Ein Schlauer trainiert die Ausdauer!
Eine gute Grundlagenausdauer optimiert zudem die Hitzefestigkeit und
verkürzt auch die Erholungsdauer zwischen den Spielen eines Turniers.
Ausblick auf das Viertelfinale: Frankreich brauchte keine Verlängerung,
um sich für die nächste Runde zu qualifizieren. Die Deutschen haben 30
Minuten Extraarbeit in den Knochen. Das spricht zunächst für die
Franzosen, wenn sich Deutschland und Frankreich am Freitag um 18.00
gegenüberstehen. Auch die Niederländer und Kolumbianer haben
Körner gespart und ihre Spiele bereits nach 90 Minuten entschieden.
Neben Technik, Taktik, Glück, Motivation, einem Kämpferherz und einem
intakten Teamgeist wird die Kondition, je länger das Turnier dauert,
umso entscheidender sein. Na, dann hoffen wir, dass der deutsche
Effizienz-Fußball bisher wenigstens kräfteschonend war. Weltmeister
werden kann nur, wer am auch 13. Juli um 21.00 Uhr auf dem Platz die die Kugel kickt.
Der deutsche Adler zeigt Flagge und Muskeln - hat er auch Ausdauer? (Foto, Copyright: www.herbertsteffny.de)
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