Kaffee, Sex und andere Irritationen

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Kein Durchblick im wissenschaftlichen Blätterwald - eine Glosse

Sie kennen das Kinderlied: "C, A, F, F, E, E, trink nicht soviel Kaffee! Nicht für Kinder ist der Türkentrank, schwächt die Nerven, macht dich blass und krank. Sei doch kein Muselmann, der ihn nicht lassen kann."

Wußten wirs doch schon immer! Kaffee eine Droge, ein Genussgift! Doch nun kam plötzlich der Freispruch für den Kaffee. Denn eine neue Studie hat gezeigt, er entwässert nicht.... Sind Sie nun etwas irritiert, denn der letzte Stand der Dinge war doch, dass Kaffee entwässernd wirkt und dabei auch Mineralien ausschwemmt? Was der letzte Stand der Dinge sein wird, kann nur die Zukunft zeigen und bestimmt gibt es bald wieder eine neue Studie.... Mir selbst graust es immer vor den berüchtigten "neuen Studien aus den USA, und die haben gezeigt dass...." Nach deren Lektüre ist jetzt alles, was in Lehrbüchern steht überholt und grottenfalsch. Gemach..., so oder so vielleicht erst mal eine Tasse Kaffee trinken! Viele Studien haben sich ein paar Monate später schon wieder in Luft aufgelöst und das Gegenteil soll dann doch plötzlich wieder richtig sein. Und so wiederholen sich Trends wie eine Berg- und Talbahn. Die Medien freuen sich, gibt es doch immer wieder "neues" zu berichten. Allerdings reagieren nicht wenige Leser darauf mit Ratlosigkeit... was stimmt den nun? Was kann man denn noch essen (oder trinken)?

Was sagt eine Studie denn eigentlich aus und wie ist das nun mit dem Kaffee. Es gibt schlechte Studien, wo mit 8 Versuchspersonen noch Statistik gemacht wird. So was gibt es nicht selten als (gut bezahlte) Gefälligkeitsstudien z.B. für manche (überflüssigen) Nahrungsergänzungsmittel oder Schönheitsquacksalberchen. Da wird solange geforscht bis was rauskommt, der Rest fliegt in den Müll. Aus unerfindlichen Gründen werden manchmal im nachhinein Versuchspersonen gestrichen. Deren Ergebnisse passten nicht in den Kram. Die meisten dieser statistisch schlecht gesicherten Arbeiten hätte mir mein Professor früher um die Ohren gehauen. Aber selbst gute Studien kommen oft zu einem kritisch zu hinterfragenden Ergebnis, denn sie zeigen meist nur einen Mittelwert oder Trend auf, also etwa: Kaffee ist harntreibend (diuretisch) oder eben nicht. Was ist aber mit den Individuen, die vom Mittelwert stärker abweichen? Sie werden einfach über den selben Kamm geschoren.

Salz macht Bluthochdruck heißt es.... fortan bekam Salz einen schlechten Ruf. Natriumarmes Mineralwasser dagegen einen gutes Gesundheitsimage! Mag sein, dass der Durchschnittbürger viel zu salzig isst. Aber Kochsalz ist für Läufer, die keinen erhöhten Blutdruck haben und viel Schwitzen bestimmt kein Problem. Im Gegenteil, es ist sogar sehr wichtig, beispielsweise um Wasser aufzunehmen, im Körper zu binden und keine Krämpfe im Rennen wie beim Marathon zu bekommen. Erst in letzter Zeit beginnen "Sport-Ernährungswissenschaftler" das wieder zu entdecken und plötzlich wird wieder Salz im Wettkampfgetränk empfohlen. Dabei wußte man das schon vor Jahrzehnten, man nahm damals im Marathon oder zur Bergwanderung Salztabletten mit. Und eigentlich hätte man nur am Schweiß zu lecken brauchen. In meinen Wettkampfgetränken war jedenfalls schon immer Salz drin.

Genaugenommen müssen wir doch gar nicht auf irgendwelchen schlauen Studien warten, um uns selbst Klarheit beim Kaffee zu verschaffen. Wie wäre es mit der folgenden simplen Methode. Dafür müssen Sie nicht studiert haben und auch kein Wissenschaftler sein. Man braucht nur den gesunden Menschenverstand. Kaum zu glauben, aber Sie testen einfach selber! Müssen Sie nach Kaffeegenuss (Koffein ist auch im Schwarzen Tee und Colagetränken) in den nächsten Stunden häufiger auf die Toilette, dann wirkt das bei Ihnen harntreibend, wenn nicht, dann eben nicht. So einfach ist das. Ich kann bei mir jedenfalls nur bestätigen, dass Schwarzer Tee und auch Kaffee oder Bier einen harntreibenden Effekt haben. Meiner Niere und Blase sind diese allerneuesten Studien jedenfalls wurscht ;-))...

Neben einem guten Ernährungswissen sollte man folglich auch immer ein wenig Mut zur Individualität haben, denn wir verdauen verschieden und haben eine unterschiedliche individuelle Darmflora. Denn so genau ist Ernährungswissenschaft nun auch wieder nicht. Der Standard-Apfel und seine angegebenen Inhaltsstoffe aus der Nährwerttabelle können nur sehr grobschlächtig einen ersten Anhaltspunkt liefern. Die möglichen Fehlerschwankungen sind riesig. Welche Sorte war es, wie frisch war der Apfel und welcher Darm hat ihn eigentlich verdaut? Und was ist bitteschön "eine Tasse" Kaffee? Ist er stark oder schwach gebraut, mit oder ohne Milch oder Zucker und ist es eine kleine (Espresso-) Tasse oder ein suppenschüsselgroßer Café au lait?

Lesen wir weiter im Kaffeesatz: Kaffee soll den Fettstoffwechsel anregen. Toll, und nun trinken Tausende von Übergewichtigen im Büro eine Tasse Kaffee nach der anderen im Glauben abzunehmen. Es mag sein, dass Kaffee eher den Fettstoffwechsel anregt, aber doch nur, wenn der Körper eine Veranlassung hat Kalorien zu verbrauchen. Das ist bestimmt nicht beim Sitzen bei der Arbeit, wohl aber beim Joggen der Fall. Eine Tasse Kaffee (plus Mineralwasser) vor einem Dauerlauf mag durchaus ein wenig mehr die Fettverbrennung ankurbeln. Aber das tut ein ruhiger langer Dauerlauf im Marathontraining auch ohne Kaffee viel besser.

Kaffee soll auch das Gedächtnis verbessern. Mein Physiologie Professor wusste es ganz genau: "Wenn man sich einen Zusammenhang merken will, dann sollte man intensiv 18 Sekunden daran denken und dazu einen Kaffee trinken." Tipp: machen Sie das doch einfach beim Stretching. Da soll man die Übung wenigstens 15 Sekunden halten. Tipp: 3 Sekunden Kaffee trinken, dann bis 15 zählen und gleichzeitig Waden dehnen. Dabei aber nicht vergessen an das zu denken an was Sie denken wollten. Vergessen? Nochmal mit Kaffee wiederholen!

Es gibt noch mehr, was man zum Kaffee so alles hört und liest. Kaffee bzw. die enthaltenen Gerbstoffe behindern die Aufnahme von Mineralstoffen und Spurenelementen. Damit wird auch eine Osteoporose gefördert. Sie gehen sogenannte komplexe Bindungen (Chelatkomplexe) ein. Der Darm hat nun Schwierigkeiten z.B. Eisen zu resorbieren. Vitamin C dagegen fördert die Aufnahme. Tipp: wenn dem so ist, dann sollten Sie beim Frühstück zur Tasse Kaffee auch ein Glas Orangensaft trinken. Sollen doch die Gerbstoffe und Vitamin C miteinander um die Gunst der Spurenelemente kämpfen! Wird schon was rüber kommen. Voraussetzung ist allerdings, dass Ihr Frühstück überhaupt Mineralien, Eisen und Co. enthält. Vollkornbrot enthält rund dreimal soviel wie Weißbrot. Übrigens: zur Schwarzwälder Kirschtorte können Sie ruhig Kaffee trinken, denn der kann dabei auch nichts mehr versauen...

Laut einschlägigen Presseberichten soll zuviel Kaffee bei Frauen den Appetit auf Sex verderben. Sauerkraut dagegen soll die Libido ankurbeln.... Wer hätte es gedacht: die Dosis macht das Gift! Drei Tassen am Tag (wie stark, große oder kleine?) ist o.k.. Da sind sich die Wissenschaftler mehr oder weniger einig. Mehr ist zuviel. Chronische Kaffeetrinker(Innen) wäre zum Ausgleich demnach eine Lustreise ins Schwabenländle oder ins Elsass zu empfehlen: Nach dem "Choucroute garni", einem Sauerkrautgericht können Sie zur Abkühlung des (wieder)erstarkten Sexualtriebs einen dämpfenden Café au Lait trinken. 

Ich freue mich schon auf die Zeitung morgen zum Frühstück. Ich blättere gerne auf die Seite: "Aus aller Welt" oder "Wissen". Dazu trinke ich am liebsten einen großen handgeschäumten Milchkaffee aus meiner Espresso Bullerkanne von der Herdplatte. Gerne versüße ich diesen "besten Kaffee nördlich der Alpen" mit einem Stück Zartbitterschokolade. Hoffentlich steht in der Zeitung wieder was Spannendes, Neues, Irritierendes oder Belustigendes!? Vielleicht diesmal über Schokolade? Sie macht zart, bitter, dick, dumm, darmträge oder durstig? Und so habe ich beim Frühstück den doppelten Genuss :-))























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