Ratgeber: Powergels, Squeezy und Co im Marathon |
Copyright: Herbert Steffny
Kohlenhydrataufnahme und Powergel im Marathonlauf
Frage von Franz-Walter:
Hallo Herr Steffny,
ich weiß, Sie sind kein Freund von künstlicher
Sportlernahrung (Nahrungsergänzung), doch habe ich mal
Fragen zu Powergels, die ich in Ihrem großen
Laufbuch nicht
beantwortet gefunden habe (oder habe ich was übersehen?).
Bei meinem ersten Marathon, zu dem ich mich nach den
"von-null-auf-42"-Plänen vorbereitet habe, hatte ich
auf der zweiten Hälfte einen Leistungseinbruch,
vermutlich wegen aufgezehrter Kohlenhydratreserven. Nach einem
Becher brauner Koffeinbrause (Coca-Cola) ging es jedenfalls
erstaunlich besser. Meine beiden Powergel-Beutel hatte ich
unterwegs verloren. Infolge meines Gewichts als Maratonnie von
rund zwei Zentnern bin ich auch länger auf der Strecke und habe
etwa fünf Stunden gebraucht (was einige wohl nicht mehr als
Marathon-Lauf bezeichnen :-)).
Vor diesem Hintergrund in Vorbereitung eines Marathons im
nächsten Frühjahr meine Fragen:
- Ich nehme an, zwei Beutelchen sollten reichen. Wie lange dauert
es vom Schlucken an, bis das Zeug wirkt?
- Sollte man bei langen Läufen von zwei bis drei Stunden auch
mal einen Beutel mitnehmen (Vermeidung Eiweißabbau,
Gewöhnung...) oder würde sowas
den Ausbau des Fettstoffwechsels eher behindern?
Mit vielem Dank und freundlichen Grüßen
Franz-Walter
Antwort von Herbert Steffny:
Hallo Franz-Walter,
zunächst einmal gehöre ich bestimmt nicht zu denen, die meinen
ein Marathon um 5 Stunden wäre keiner..., die
Pläne im Großen Laufbuch gehen schließlich bis 5:40 Stunden! :-)).
Das ist ebenfalls noch gelaufen und ein große Leistung, wenn
aber jemand wie in den USA möglich in 8 bis 9 Stunden reinkommt,
dann ist wohl doch schon viel gewandert worden... es ist eben ein
"Marathon-Lauf".
Natürlich lohnt eine
Kohlenhydrataufnahme vor (schon beim Frühstück) und im
Marathon, v.a. in der ersten Hälfte! Es muss ja erst mal verdaut
werden. Auf S. 348 und 350 (im Kasten) gebe ich im Großen
Laufbuch dazu
Tipps. Sie können das dort geschilderte "Joschka
Fischer Getränk" auch wesentlich konzentrierter
ansetzen und in einem Trinkgürtel mit kleinen Flaschen
mitnehmen, also mit weniger Wasser ansetzen (und somit weniger
wiegend!) und dann die entsprechende Menge Wasser im Rennen an
den Wasserstationen zuführen. Sie können so eine Mischung für
den Anfang (mit Stärke) und eine andere Mischung für später im
Rennen mitnehmen (z.B. mit Cola), Wasser zum Verdünnen gibt es
unterwegs immer. Rechnen Sie im Wettkampf mit
wenigstens einer halben bis einer Stunde bis
Kohlenhydrate in den Muskeln ankommen (je nachdem was
Sie aufnehmen: Zucker geht schneller als Stärke ins Blut). Bei
Laufstress ist die Darmdurchblutung natürlich geringer. Die Powergels
sind im Prinzip dasselbe, aber sie sollten darauf achten, dass
diese auch Kochsalz (NaCl) enthalten.
Colagetränke haben sich im Rennen auf dem letzten Drittel
bewährt. Sie geben einem einen relativ schnellen Push nach 15
bis 20 Minuten. Aber Sie sollten das nicht schon vor 27 bis 28km
anwenden. Sonst rennen Sie danach in ein tiefes Loch.
Während Sie im Training natürlich Wasser mit
Mineralien (wiederum v.a. Kochsalz) zuführen sollten, kann der
Kohlenhydratgehalt gering gehalten werden. Die Muskulatur soll ja
lernen durch KH-Magel Fette besser zu mobilisieren. Wenn Sie wie
in meinen Plänen vorgesehen, die langen Läufe immer nur
vorsichtig verlängern und die ersten langen Läufe auch
zunächst sehr langsam machen, geht in der Muskulatur auch nichts
kaputt. Allerdings sollte man Elektrolytgetränke schon mal im
Training ausprobieren, sowohl das Trinken aus Bechern, als auch
die beim marathon wohl gereichten Produkte. Nicht jeder verträgt
das Zeugs und trinken aus Bechern ist im Laufen nicht einfach.
Eine Leistungsverbesserung bzw. einen Einbruch in der zweiten
Hälfte vermeiden Sie natürlich auch noch durch andere
Massnahmen als nur durch Kohlenhydrataufnahme: z.B. mit einem
guten Plan ;-)) und taktisch z.B. nicht zu schnell loslaufen,
Gewichtsabnahme usw... Näheres hierzu.
Im Alltag bin ich tatsächlich kein besonderer Freund von
Nahrungsmittelergänzung, da eine vollwertige Ernährung
im Normalfalle alles abdeckt und darüber hinaus
wesentlich vollständiger ist, als zugeführte isolierte
Substanzen. Vollwertige Lebensmittel enthalten ein Fülle von
Stoffen z.B. im Bereich der Sekundären Pflanzenstoffe, die die
Pharmaindustrie noch gar nicht herstellen kann. Ausführlicheres
dazu auch in unserem Buch "Perfektes Lauftraining - Das
Ernährungsprogramm"
Und nun viel Erfolg beim Wintertraining und der Vorbereitung
Ihres zweiten Marathon!