Ratgeber: Puls beim Wettkampf?

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Copyright: Herbert Steffny

Wo liegt die Herzfrequenz beim Wettkampf?

Frage von Oliver:

Hallo Herbert,
ich habe exakt auf Halbmarathon nach Deinem
"Das große Laufbuch" trainiert und bin statt der angepeilten 1:49 sogar 1:40 gelaufen und war total begeistert. Unterwegs war ich allerdings etwas skeptisch, ob ich die gesamte Distanz bei einem Durchschnitts-Puls von 171/min (mein Alter: 35) durchhalten könnte - es hat ohne Einbruch geklappt! Daher meine Frage zum Maximalpuls, der nach Deinen Ausführungen auf einem Marathon bei einem Top-Athleten maximal 80-85% von HFmax betragen darf: Gilt diese Regel auch für den Halbmarathon oder sind hier wie bei 10km-Wettkämpfen Durchschnitts-Werte von >90% HFmax möglich?
Viele Grüße
Oliver


Antwort von Herbert Steffny:

Hallo Oliver,

Gratulation zur guten Zeit :)), dann ist bald vielleicht der nächst schnellere Plan im
"Großen Laufbuch" fällig! Nun zu Deinen Fragen:
Auf Seite 88/89 schreibe ich im "Großen Laufbuch" anders als Du oben zitierst, dass der höchste Puls beim Marathon bei einem erfahrenen (Top-)Läufer bei 85 bis 87% vom Maximalpuls liegen kann... Ein engagierter Marathon-Einsteiger sollte allerdings zunächst die erste Hälfte bei 80 Prozent (danach höchstens bis 85 Prozent) angehen. Wem Zeiten beim Marathon-Debüt vernünftigerweise zunächst vollkommen egal sind, der kann auch bei 70 bis 75 Prozent durchjoggen und wird es langsamer, aber sicherer schaffen!
Beim Halbmarathon liegt der Puls ein wenig höher, aber immer noch unter der anaeroben Schwelle (AS s.u.). Während man beim Halbmarathon vielleicht mal kurzfristig in den "roten Bereich" kommen kann (z.B. bergan, Aufschließen zu einer Gruppe), wäre das beim Marathon ein großer Fehler! Weltklasse Halbmarathonläufer laufen etwa auf der anaeroben Schwelle. Der Marathonpuls liegt dagegen immer im grünen Bereich, also unterhalb der Herzfrequenz der sicher ermittelten anaeroben Schwelle.

Für die Steuerung von kürzeren Rennen wie einem 5km oder 10km Lauf ist der Puls weniger geeignet. Die Herzfrequenz geht während des Rennens auch bei gleichmäßig und konstantem Tempo auf einer flachen Strecke stetig nach oben und letztlich in den roten Bereich (siehe Grafik). Er liegt also deutlich über 90% und kann beim Endspurt sogar den Maximalpuls erreichen. Die Angabe mancher Trainer der 10.000 Meterlauf würde bei 95 Prozent gelaufen erscheint mir gewagt. Zu welchem Zeitpunkt denn? Sicherlich nicht zu Beginn, wo man die Angabe zur Steuerung aber am ehesten bräuchte. Hier sollte man also unbedingt nach Zwischenzeiten laufen und sich durch Intervalltraining zuvor ein ordentliches Zeitgefühl antrainiert haben!

Herzfrequenzkurve beim 5km Lauf
Die Herzfrequenz steigt bei konstantem Tempo beim 5km Lauf stetig in den roten Bereich an.
(Copyright Grafik, Herbert Steffny)

Für Laien nicht immer ganz nachvollziehbar und verwirrend ist die sportwissenschaftliche Unterscheidung und Ermittlung von "individueller anaerober Schwelle" (IAS) und "anaerober Schwelle" (AS), die auch mit der "4 mmol Schwelle" gleichgesetzt wird, nach der Menge Laktat, die dabei entsteht (ausführlicher hier). Ohne hier weiter darauf einzugehen nur soviel: Die IAS entspricht ungefähr der maximalen Marathonbelastung und die AS ist etwas schneller und somit auch von der Herzfrequenz entsprechend höher. Die von mir hier angegebenen Herzfrequenzempfehlungen an der aneroben Schwelle (Einsteiger 80 bis 85% bis fortgeschrittener Läufer 90% der maximalen Herzfrequenz) beziehen sich auf die AS. Näheres zur Wettkampf- und Trainingsteuerung in Theorie und Praxis ausführlich im "Großen Laufbuch".

Weiterhin viel Erfolg bei Deinen Wettkämpfen

Herbert Steffny

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