Tour de France 2009 - ohne Doping?

Der Sportbetrug geht weiter oder ist Radsport jetzt sauber?

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Tour de France 2009 - verdächtig sauber !

Jan Ullrich: "Radsport ist eine der saubersten Sportarten"

von Herbert Steffny am 24.7.2009

Die fiese Tour - so läuft das Ritzel richtig rund! - Foto, Copyright: Herbert Steffny
Die fiese Tour - mit dem richtigen Schmiermittel läuft das Ritzel richtig rund!
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)

Komisch. Irgendwie ist bei der Tour de France in diesem Jahr zwei Tage vor Schluss alles verdächtig sauber. Am Mont Ventoux folgt nun das große "shoot out". Am letzten Tag wird nicht mehr angegriffen. Stillschweigender Verhaltenscodex, Ehrensache! Aber welche Ehre eigentlich? Die Radler fahren so schnell wie noch nie. Neue Rekorde bei den Durchschnittsgeschwindigkeiten der Etappen und der voraussichtliche Gesamtsieger Alberto Contador bretterte beim Etappensieg am 20.7.2009 wie eine Rakete nach Verbier in neuem Tourrekord mit 1.900 Höhenmeter pro Stunde ins Ziel (652 Meter in 20:36 Minuten!). Logisch! Es war ja auch der 40. Jahrestag der Mondlandung! Alles natürlich, wie gesagt, diesmal sauber, aber schneller! Bis jetzt jedenfalls und somit unter Vorbehalt. Zumindest hegt man den Verdacht, dass, solange die Karawane noch Richtung Paris rollt, das Geschäft nicht gestört werden soll. Schließlich ist die Tour nicht nur für die Veranstalter "big business". Im letzten Jahr übertünchte man kritische Grafitis auf der Strecke wie "EPO" noch bis zur Unleserlichkeit bevor das Peloton und der Medientross vorbeikam. Gibt es jetzt überhaupt noch kritische Meinungskundgebungen auf dem Teer?

Die Punktlandung des Lance Armstrong

Apropos Mondlandung? Da war doch noch was, ...ach ja: Armstrong.... Punktlandung! Was wäre die Tour de France ohne das Comeback des siebenfachen Dominators gewesen? Hassliebe läßt sich doch prima vermarkten! Von den einen, die am gelben Armband zu identifizieren sind, als "Krebs-strong" bewundert, von den anderen als der abgefeimteste, eisenharte Fighter, aber auch als Dopingbetrüger diffamiert. Von EPO (Nachkontrollen von 1999) bis zu im Medikamenten-Pass legal eingetragene Anabolika (wegen seiner Krebsgeschichte zur Stärkung) reichen die Vorwürfe. Und nun 2009? Kann der alte Mann noch? Wie oft? Wie lang? Wie schnell? Das ist von Interesse. Die one-man-promotion-show von Lance Armstrong mit seiner zu Tränen rührenden Stiftung und seiner geschäftstüchtig inszenierten Ankündigung seines neuen Radteams "Radioshack" läuft jedenfalls auch ohne das Gelbe Trikot wie geschmiert. Auch TV-Sender Eurosport widmet dem Pedaleur besondere Aufmerksamkeit und richtet ihm einen eigenen Sendeplatz "Planet Armstrong" ein. Na ja, zu kritisch darf man bei Eurosport auch nicht sein, sonst sägt man sich noch den Ast ab auf dem man sitzt. Zu genau nimmt man es lieber nicht. Deswegen dürfen ja auch ehemals des Dopings überführte oder im Umfeld des Dopings angesiedelte Athleten als Co-Kommentatoren ihre Meinung kundtun. Ausländisches Beispiel Richard Virenque im französischen Eurosport. Das war der Mann der oftmals im Bergtrikot über die Berge pedalierte, das mit den roten Flecken drauf... Blutdoping versteht sich...


Nicht nachweisbare Substanzen im Umlauf

Die Zuschauermassen erfreuen sich vor scheinbar Ort kritiklos am vorbeihuschenden Straßenspektakel und werden mit rot getupften oder gelben Mützchen dafür belohnt. Da würde ein Dopingskandal doch die Idylle nur stören. Hatte man letztes Jahr noch die Skandale während der Tour, so hegt man in diesem Jahr den Verdacht, dass die Veröffentlichung möglicher positiver Dopingtests heuer auf die Zeit danach verschoben werden soll. Die cleversten und betuchtesten Radler dürften zudem längst auf immer noch nicht nachweisbare Substanzen wie Geref umgestiegen sein. Geref oder Sermorelin ist eine Eiweissverbindung aus 29 Aminosäuren, die die Hypophyse stimuliert Wachstumshormon zu produzieren. Dadurch erlangen Betrüger mehr Kraft und eine schnellere Regeneration. Die Droge ist bereits seit 10 Jahren unter Radprofis im Umlauf und, wie ein TV-Beitrag in Monitor am 23.7.2009 aufzeigte, und ist mühelos über das Internet z.B. aus China bestellbar. Man erwarb eine Jahresdosis für 1.750 Dollar. In einschlägigen Foren munkeln sich "Insider" bereits Informationen zu weiteren wachstumshormon-freisetzenden Hormonen wie Tesamorelin zu. Da wünschte man sich doch, dass schlimme Nebenwirkungen (im mildesten Falle eine lange Nase wie bei Pinocchio) sofort und nicht erst Jahre später einträfen...

Jan Ullrich hält Radsport für eine saubere Sportart

Bisher also kein "positiver" Dopingtest bei Tour 2009. Ist der Radsport plötzlich geläutert? Ein Sport, bei dem noch immer dieselben vorbelasteten Nasen beispielsweise als Teamleiter, Arzt oder Funktionäre arbeiten? Dopingkontrolleure und Analytiker sprechen etwas hilflos angesichts einiger langwieriger Untersuchungen von einem vorläufigen "Klassement ohne Gewähr". Im September könnte vielleicht die Bombe erst platzen. Fragen wir also vorher mal Insider nach ihrer Meinung zur Radsportszene. Der des CERA-Dopings überführte Tour Dritte 2008 Bernhard Kohl geht davon aus, dass alles genauso zugedröhnt zugeht wie eh und je. Vertraut man auf Einschätzung eines anderen Insiders namens Jan Ullrich, so radeln jetzt aber nur noch Saubermänner in den Sätteln. Gerade wurde erst der Radprofi Danilo Di Luca beim Giro d'Italia zweimal des Dopings mit dem Epo-Präparat Cera überführt, nun droht dem früheren Giro-Sieger, der bereits wegen Verbindungen zum verurteilten Doping-Arzt Carlo Santuccione gesperrt war, als Wiederholungstäter eine lebenslängliche Sperre. Nachdem auch der österreichische "Doping-Manager" von Bernhard Kohl Stefan Matschiner gerade weitere Doping-Nebelkerzen in Richtung des früheren Team Gerolsteiner wirft und Andeutungen von weiteren beim Blutdoping beteiligten Radrennfahrern auch aus Deutschland macht, hält Radsportexperte Jan Ullrich den Radrennsport in einem Interview bei Eurosport/Yahoo aber für sauber. Auf eine Frage im Forum nach leistungssteigernden Mitteln bei der Tour antwortet der zurückgetretene Tour Sieger von 1997:

"Leistungssteigernde Mittel sind ja auch schon Vitamin-C-Kapseln. Ich denke, dass alle, die da mitfahren, sauber sind. Und zwar deswegen, weil die Kontrollen so umfassend sind. Deswegen sage ich: Der Radsport ist eine der saubersten Sportarten, weil es so viele Kontrollen gibt. Klöden hat mir erzählt, dass er schon achtmal kontrolliert worden sei. (...) Die Fahrer haben eine Ehrenerklärung unterschrieben, sonst dürfen sie nicht mehr mitfahren. (...) Ich hätte das nicht unterschrieben."

Oh je, wie naiv! Ich wiederhole mich: wer schützt Jan Ullrich vor Jan Ullrich! Das Misstrauen ist leider weiter berechtigt. Bernhard Kohl oder auch Marion Jones wurden beispielsweise vielfach getestet, waren aber nach eigenem Bekunden immer voll und wurden (fast) nie erwischt. Kohl erst beim 200sten Test. Si tacuisses Jan... Schön wäre natürlich gewesen, wenn Herr Ullrich schon über Doping spricht, dass er mal etwas zu seinen Blutbeuteln in Spanien erzählt hätte. Immer dieses um den heißen Brei rumreden. Wenn schon nicht vollkommenes Schweigen (aka "Omerta"), dann bitte mal reinen Tisch machen! Oder stehen sonst juristische Klagen ins Haus? Vielleicht kommt ja noch (nach der Verjährungsfrist?) die vielfach angedeutete Ullrich-Biografie, die alles aufklären wird. Seine frühere Biografie (geschrieben von Hagen Bossdorf) "Jan Ullrich - Ganz oder gar nicht" habe ich übrigens schon weggeschmissen... Schade eigentlich, sonst hätte ich nochmal nachgeblättert, denn heute kam mir der Gedanke, ob Jan Ullrich vielleicht blauäugig ist?

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