Ist Laufen mit Musik schon Doping?
Laufen mit Musik, iPod und MP3-Player
Mit IPod Musik darf man in den USA nicht gewinnen...
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)
...aber sie puscht und gibt offensichtlich Power...
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)
...und man hat zumindest etwas, um am Ende besser beissen zu können!
(Foto, Copyright: Herbert Steffny)
Die einen bekämpfen mit einem tragbaren Musikplayer den inneren Schweinehund oder sorgen für Kurzweil und gute Laune, andere verpönen dieses Ohrgedudel, weil sie draussen in der Natur weit weg von der technischen Welt und Zivilisation Entspannung bei Vogelgezwitscher und Pilzduft erleben wollen oder selbstversunken ihren Gedanken und inneren Signalen nachgehen möchten. So weit im Training, aber was ist im Wettkampf?
Made in USA - Siegen mit MP3-Player verboten
Eine weiß es jetzt genauer, zumindest wie das in den USA, offenbar dem Land der hier und da doch nicht unbegrenzten Möglichkeiten, gehandhabt wird. Die Gewinnerin Jennifer Goebel des Lakefront Marathons am 4.10.2009 in Milwaukee wurde der Sieg in 3:02:50 Stunden aberkannt, nachdem die Veranstalter nachträglich auf ein Foto aufmerksam wurden, das sie während des Laufens mit einem an der Hüfte befestigten iPod zeigt. Die 27-Jährige wurde damit Opfer der Regelung 144.3 des US-Leichtathletikverbandes USA Track & Field, die seit zwei Jahren besagt, dass die Verwendung von elektronischen Geräten bei Laufwettbewerben zumindest in den Eliteklassen generell nicht gestattet ist. Wie das US-Lokalblatt Journal Sentinel berichtet, musste Jennifer Goebel das Preisgeld in der Höhe von 500 Dollar wieder zurückgeben. "Ich finde das lächerlich. Ich habe dort mitgemacht, um ein spaßiges Rennen mit Freunden zu erleben", ärgert sich Goebel. Sie habe sich zwischen Meile 19 und 21 mit einem Mix aus Alternative Rock und Techno aufgeputscht.
Laufen mit Player nicht ohne Gefahr
Das USATF-Reglement will aber gerade verhindern, dass einzelne Läufer sich durch die Zuhilfenahme von Musik, die durchaus auch einen anspornenden Effekt haben kann, einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Mitstreitern verschaffen können. Ein Verbot kann natürlich auch auf verminderte Wahrnehmung äußerer Gefahren im Training und Wettkampf abzielen (Autogeräusche, Lautsprecherdurchsagen, Hunde, Radfahrer usw.). In Deutschland, Österreich oder der Schweiz gilt das amerikanische Reglement nicht, sondern das des Internationalen Leichtathletik Verbandes, welches den Einsatz elektronischer Geräte nicht verbietet. Bei uns kann man also noch mit "We are the Champions" Champion werden.
Run to the beat - bis 15 Prozent schneller?
Costas Karageorghis von der Londoner Brunel University hat an 30 Personen leider offenbar nicht sehr wissenschaftlich das Phänomen der Leistungssteigerung durch Musik untersucht. Fazit: Es soll je nach Auswahl der Musik, deren Beat eine Leistungssteigerung von bis zu 15 Prozent verzeichnet worden sein. Musik beispielsweise von Red Hot Chilli Pepper oder Glenn Freys "The heat is on" sollen am besten gewirkt haben. Vielleicht steckt dahinter aber nur eine von der Musikindustrie geförderte Geschäftsidee, den Karageorghis organisiert mittlerweile Rennen in England "Run to the beat", die auch bald in Deutschland angeboten werden sollen. Läufe mit Musik gab es schon und manche Marathons wie Freiburg rühmen sich sogar mit 42 Bands unterwegs aufwarten zu können. Sind da nun alle Bestzeit gelaufen? Als Joschka Fischer von der langen First Avenue beim New York Marathon 2000 in die Bronx abbog und einen Hänger hatte, meinte er hinterher, dass es eine rockende Band war, die ihn dort wieder aufbaute. Ich war aber überzeugt, dass es eher das Cola-Getränk war, dass ich ihm eine viertel Stunde vorher einflößte.
Nachbemerkungen:
Kuriosum I:
Mein Tipp: man sollte Haile Gebrselassie so einen MP3 Player, oder kultiger, 'nen echten iPod aufsetzen. Darauf läuft vielleicht von Spencer Davis "Keep on running". Lasst ihn damit außerhalb den USA (also in Berlin) Marathon laufen und schon rennt er "bis zu 15 Prozent" schneller, also statt seinem bisherigen Weltrekord von 2:03:59 Stunden dann vielleicht fetzige 1:48 Stunden? Wow! The heat is on.... und dann noch mit Kompressionstrümpfen! Da sollte doch unter 1:30 drin sein???
Kuriosum II:
Noch mal zurück nach Milwaukee, denn das war nocht nicht alles: Jennifer Goebel kam ursprünglich gar nicht als Erste, sondern als Zweite über den Zielstrich und wurde dann erst zur Siegerin erklärt, weil die ursprünglich erstplatzierte Läuferin nicht regelkonform Getränke ausserhalb der Verpflegungsstation annahm. Und nun wurde Goebel wiederum wegen des iPods vom Podest gestoßen. Wie's gekommen so's zerronnen. Hoffentlich hat sich nun die nächste potentielle Anwärterin, also die ursprünglich Dritte an alle Regeln gehalten. Was wäre, wenn sie das Hemd nicht in der Hose oder nicht genehmigte Werbung auf dem T-Shirt hatte? In der Stadt der Bierbrauer wird offenbar nicht nur ins Glas, sondern sonst auch sehr genau hingeschaut.